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Nächster Morgen. Elisabeth rennt von [Pos 1] über den Hof in das Arbeitszimmer von Friedrich und ruft schon von weitem
ELISABETH: Großvater, Groooßvaaateeer, schnell, da ist eben eine große Kutsche im Hof vorgefahren. Und so staubig ist sie. Der Kutscher sagt, sie wären aus Berlin gekommen. Ist Berlin so schmutzig?
FRIEDRICH: Tritt auf den Hof Nein, nein. Nur so weit weg. Da drüben von der Postmeilensäule sind es noch 130 Kilometer. Wir waren doch schon in Neuzelle – vier mal hintereinander hin- und zurück – dann wäre man in Berlin. Aber ich weiß, wer gekommen ist. Unser Vertreter in Berlin hat wichtige Kaufleute eingeladen, sich einmal unser Museum und unsere Fabrik anzusehen. Wenn du willst, dann gehe mit und lass Dir unsere alten Hüte zeigen. Viele davon sind extra für das Museum nach alten Bildern angefertigt worden.
ELISABETH: Kennst Du die Hüte alle schon?
FRIEDRICH: Augenzwinkernd Na klar. Filzhut – Zuckerhut – Fingerhut – Narrenhut – Pfaffenhut – Tunichgut ...
Elisabeth hört die letzten Worte kaum noch, schließlich will sie die Führung im Museum nicht verpassen. Dort sind gerade einige vornehm gekleidete Herren eingetroffen. Hutarbeiter Hannes und Garniererin Martha begrüßen die Gäste.
HANNES: Willkommen vornehme Herren! Dieses unseres Museum ist eine Zeitreise in eine vieltausendjährige Geschichte. Dem Pilze gleich mögen sich unsere Ahnen aus Laub, Gras, Farn oder Moos eine Kopfbedeckung geschaffen haben. Tarnung, Schutz vor Regen, wärmend – schlicht praktisch seit alters her.
MARTHA: Immer jedoch ist er seinem eigentümlichen Geschmack gefolgt, wenn er seinen Hut höchstselbst fabriziert haben mag. So ist der Hut, wie alles sonst an menschlicher Kleidung, der Mode unterworfen.
HANNES: Ob die Veränderung nun immer eine Verbesserung ist, kommt der Mode nicht in den Sinn.
MARTHA: Die Mode ist und bleibt – die Hure des guten Geschmacks!
HANNES: Variatio delectat – Veränderung muss sein. So muss ein geschickter Hutmacher seine Augen offen halten, damit er am Vergnügen der Veränderung teil hat.
MARTHA: Es ist nicht ein Hut, der getragen wird. Versuchen sie einmal, alle Häupter ihrer Familie unter einen Hut zu bringen.
HANNES: Viele Formen und Farben gehören zu den Mustern unseres Hauses wenngleich – den Eisenhut der Kriegsknechte haben wir nie hergestellt.
MARTHA: So sind sowohl die Hüte der Hamburger Zimmerleute als auch die Tiroler Hüte als auch Fürstliche Kurhüte in unserem Museum zu finden.
Die bisher leblosen (angesprochenen) Hutständer legen ihren Umhang ab und verbeugen sich vor den Herrschaften (Choreografie). Dieses wird weiterhin einzeln fortgesetzt.
HANNES: Eine Art von Hüten, die leider immer noch, bei besonderen Gelegenheiten wenigstens, getragen wird und wohl auch, wie der ebenso garstige Frack, mit dem dieser Hut zusammengehört, wohl nicht aus der Mode kommen dürfte, der Zylinderhut, den die Araber “Vater des Schornsteins” nennen, wird in unserer Fabrik nicht mehr gemacht. Darüber kann man sich nur freuen.
MARTHA: Der Hut ist zum Standessymbol der Freien und Unabhängigen geworden. Das Hutabnehmen als Art der Begrüßung einzuführen haben sich die Hutmacher alle Mühe gegeben, denn es versteht sich von selbst, dass dadurch der Hutverbrauch sehr zugenommen hat.
HANNES: In alten Zeiten gehörte der Hut dem Manne, der Frau die Haube. Ein alter Rechtsspruch sagt: Hut geht vor Haube. Und wie schwierig war es, den Frauen unter den Hut zu schauen, um etwas von ihrem lieblichen Gesicht zu sehen. Hier wird ein breitkrempiger Hut sichtbar
MARTHA: Heute gestalten wir die Hüte zur Zierde einer jeden Dame. Ob mit Blumen oder toten Vögeln garniert sind sie freilich Fantasiegebilde, die man kaum Hut nennen mag. Sollte man sagen “Vogelnest”? “Gartenbeet”?
HANNES: Unsere Kollektion umfasst neben den klassischen Hüten für den Herren auch solche für die Damen. Verschiedenen Formen und Farben sind kein Problem. Hier dieses herrliche Rot, das an den Feldmohn erinnert, dort das satte Grün, dass dem Waldpächter so gut anstehen mag. 200 Dutzend Hüte (2400 Stück) verlassen täglich die Fabrik.
MARTHA: Sie kommen auf Köpfe von Menschen, die uns gänzlich unbekannt sind. Und dennoch finden sie ihren Halt. Sie werden aufgesetzt und abgenommen, sitzen gerade oder schief, werden manchmal vertauscht oder vom Kopf geweht.
ELISABETH: Was aber wird aus dem Hut, wenn er sich nach und nach verbraucht hat?
HANNES: Von den Zylinder-Hüten weiß man, dass sie der Schornsteinfeger aufträgt. Aber sonst? Sie verschwinden wie die Katzen, die selten tot aufgefunden werden.
MARTHA: Manchmal aber bekommt man doch zu sehen, wie ein runder Hut endet. Man sieht ihn als Kopfbedeckung einer in den Erbsen stehenden Vogelscheuche. Manchmal kommt es auch vor, dass er zuletzt einem Schneemann aufgestülpt wird.
HANNES: Wenn uns die Herrschaften bitte folgen würden!
Die “Hutständer” erstarren. Elisabeth bleibt allein im Museum zurück. Sie vertauscht die Hüte und freut sich, wie lustige neue Figuren entstehen. Sie spielt mit der Vogelscheuche, bis sie eine Kiste entdeckt, die sie aber nicht öffnen kann. Plötzlich ist Friedrich neben ihr.
FRIEDRICH: Na, Elisabeth. Bist Du gespannt, was in dieser Kiste ist?
ELISABETH: Ja, Großvater. Die sieht ganz schön schwer aus. Da ist bestimmt ein Schornsteinfeger drin oder ... äh... vielleicht ein Schneemann... oder... – mach schon auf, ich bin ja so gespannt.
FRIEDRICH: Mal sehen, ob ich den Schlüssel gleich finde. Naemi, der die Kiste gehörte, hat jedes Jahr etwas Neues in ihr entdecken können. Wir haben ihr zu jedem Geburtstag etwas zur Aussteuer hineingetan.
Schloss geht auf. Elisabeth müht sich, den Deckel zu öffnen.
ELISABETH: Die Kiste ist ja leer! So sieht Aussteuer aus?
FRIEDRICH: Nein, nein. Aber ist die Kiste wirklich leer?
ELISABETH: Ist so finster. Da hinten in der Ecke liegt noch etwas. Holt das Schaf aus der Eingangsszene heraus. Das Schaf! Wie alt mag das sein? So weich. Wie lange mag es jetzt schon in dieser Kiste liegen?
FRIEDRICH: Das mag wohl ein viertel Jahrhundert her sein. Vergiss nicht, dass du in einem Museum bist.
ELISABETH: Warum hat Naemi das Schaf in der Truhe zurückgelassen und den Rest mitgenommen?
FRIEDRICH: Seufzer. Elisabeth, wenn ich eine Antwort auf das WARUM hätte. Deine Großmutter und ich, wir haben oft darüber nachgedacht, aber alle Antworten endeten wieder mit WARUM. Was haben wir geliebt, geglaubt, gehofft? Wir hatten unser Kind so lieb. Was wir jetzt sehen und verstehen, ist nur eine verzerrte Spiegelung der Wirklichkeit...
Komm, lass uns nach draußen gehen, hier wird es langsam kühl.
Ende Szene C 1
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2008-01-31
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